ZIPPO - The Road To Knowledge
6/7
"Eine geiles Brett"
In der Musikbranche lassen sich unheimlich oft geographische Gegebenheiten mit irgendwelchen Musikstilen anscheinend untrennbar verbinden. Es gibt einen amerikanischen Sound, genau so, wie es unendlich viele finnische Bands gibt, die allesamt gleich klingen. Deutsche Metalbands lassen sich oftmals über einen Kamm scheren, genau so, wie italienische Kapellen eine große Vorliebe für bombastische Klänge haben. Mir persönlich völlig neu ist hingegen die Tatsache, dass es mit ZIPPO im Land des amtierenden Fussballweltmeisters eine waschechte und – so viel vorab – äußerst hörenswerte Stoner Rock-Truppe gibt, die mit „The Road To Knowledge“ gerade ihre zweite Visitenkarte abgegeben haben.
Keine Ahnung, ob es schon mal ein Review zu einer Stoner-Platte gab, in der das Wort „staubtrocken“ nicht bemüht wurde, in den kommenden Zeilen kommt man daran definitiv nicht vorbei. Die schwüle und aufgeladene Atmosphäre der Songs nimmt einen unweigerlich [und in mehrdeutigem Sinne] mit auf einen kurzweiligen und berauschenden Trip, dessen Zielort nicht genau definiert ist, sich aber ganz sicher in den Weiten der amerikanischen Wüstenlandschaften nahe der mexikanischen Grenze befindet. Angesiedelt in der musikalischen Nachbarschaft von Szene-Vorreitern, wie KYUSS, QUEENS OF THE STONE AGE oder ORANGE GOBLIN dröhnen die Gitarren nach dem kurzen Intro „Don Juan’s Words“ in „El Sitio“ gleich mächtig los. Der hier noch ganz dezent – im Laufe des Albums aber neben Hammond und Fender Rhodes noch häufiger und auffälliger - eingesetzte Moog-Synthesizer konterkariert das Ganze mit einer wundervoll psychedelischen Note. Nach dem Titelsong, bei dem man wieder ganz deutlich die Nebelschwaden mit süßlicher Duftnote aus den Lautsprechern quillen sehen kann, folgt mit „He Is Outside Us“ ein wunderschönes, nur auf der akustischen Gitarre vorgetragenes Zwischenspiel, das einem die Möglichkeit gibt, kurz Luft zu holen. Das treibende und staubtrockene [haha] „Chihuahua Valley“ reißt direkt mit und könnte im bisherigen Schaffen von ZIPPO ein kleiner Hit werden. Der Übergang zum eher relaxten, aber nicht minder starken „Ask Yourself A Question“ ist fließend, bevor mit „Lizards Can’t Be Wrong“ ein weiteres Intermezzo ansteht: mantra-artig und meditativ bietet es die nächste Gelegenheit zum Durchschnaufen, denn „The Road To Knowledge“ ist noch lange nicht am Ende angekommen. Die vielen Tempowechsel in „El Enyerbado“ sind dann ebenso beeindruckend, wie das achtminütige „The Smoke Of Diviners“, das staubtrocken [schon wieder] groovend loslegt und sich gegen Ende zwei Minuten lang in herrlich psychedelischem Wabern verliert. Nach einem weiteren - mexikanisches Flair versprühenden - Zwischenspiel legen ZIPPO in „Mitote“ los wie die Feuerwehr und erinnern zu Beginn auch stark an die Eröffnungssequenz aus JIMI HENDRIX‘ „Fire“. Auf jeden Fall ist das Stück ein weiteres, das man unbedingt gehört haben sollte, so perfekt werden hier einmal mehr Stoner Rock und Psychedelic verquickt. Die beiden abschließenden Tracks können zugegebenermaßen nicht mehr voll überzeugen, haben aber auf einer abwechslungsreichen und rundum gelungenen Platte auf jeden Fall ihre Daseinsberechtigung.
Zwar ist der Sommer noch in weiter Ferne, trotzdem könnte „The Road To Knowledge“ sich zu einer Platte mausern, die in der warmen Jahreszeit gerne und oft gehört wird. Wenn man mit Freunden beim Grillen zusammen sitzt und völlig entspannt der Sonne dabei zusieht, wie sie allmählich hinter dem Horizont verschwindet, entfalten die 13 Stücke sicher die optimale Atmosphäre, die diesen Moment zu etwas ganz Besonderem machen. Wahrlich beeindruckend, was ZIPPO uns hier kredenzen und Laune bringt es obendrein im Überfluss.
Timo Beisel [Kaamos]
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